Der Generalrat: „Die Geburt Jesu entzündet ein Licht in der Finsternis der Leiden dieser Welt“

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Weihnachten 2023
Wir denken in besonderer Weise an die Mitbrüder und die Bevölkerung, die in gefahrvollen Zonen leben und das Leben an vorderster Front verteidigen müssen, mit all ihrer Kraft und Intelligenz, mit all ihrer Freiheit und Leidenschaft, zu der ihre Liebe sie befähigt. Denn es ist die „Leidenschaft der Liebe“ für den anderen, die es uns ermöglicht, unsere Kurzsichtigkeit in prophetisches Schauen und unsere Entmutigung in Hoffnung zu verwandeln. Möge uns die Weihnachtsgnade uns helfen, uns aufrichten und uns den Weg der Hoffnung zeigen. Frohe Weihnachten! (Der Generalrat)

Frohe Weihnachten 2023

„Während tiefes Schweigen das All umfing, und die Nacht in ihrem Lauf bis zur Mitte gelangt war,
da sprang dein allmächtiges Wort vom Himmel, von deinem königlichen Thron herab.“
(Weisheit, 18, 14-15)

„Das Volk, das in der Finsternis ging, sah ein helles Licht;
über denen, die im Land des Todesschattens wohnten, strahlte ein Licht auf“ (Jesaja 9,1).

Liebe Mitbrüder,
wir wünschen Euch Frieden und Freude in Jesus Christus!

Unter dem Eindruck der tragischen Ereignisse der letzten Monate und Tage, die den Horizont aller Menschen, insbesondere der Armen und Ausgegrenzten dieser Welt, verdunkelt haben, ist es sicher nicht leicht, auch nur an die Möglichkeit zu denken, dass die uns umgebende Finsternis durchbrochen wird, dass „ein helles Licht“ erscheint und wir eine Stimme hören, die „eine große Freude verkündet, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll“ (vgl. Lukas 2,9-19). Die Nachrichten, die uns über die Medien erreichen, „beschweren“ unser Herz und dämpfen unsere Begeisterung.

Auf Weltebene gibt es immer wieder UN-Resolutionen zur Schlichtung der verschiedenen Konflikte, die viele Länder der Welt zerfleischen. Selbst das Land, in dem Jesus geboren wurde, ist der Gewalt ausgesetzt. Wir verfolgen mit Besorgnis den blutigen und grausamen Kampf zwischen Palästina und Israel sowie die Versuche, einen Waffenstillstand herzustellen. Ganz zu schweigen von den Tausenden und Abertausenden anderer Einschüchterungen, die in Gewalt ausarten und das Leben von Millionen von Menschen durcheinanderbringen, ihre Freiheit einschränken und ihre Lebensexistenz gefährden.

Auch heute, wie zur Zeit der ersten Weihnacht, scheint die Welt von Dekreten, Gesetzen, Verordnungen und Beschlüssen der politischen und wirtschaftlichen Machthaber regiert und verwaltet zu werden. Auch Josef und Maria mussten sich auf den Weg machen, weil Cäsar Augustus die Zahl seiner Untertanen kennen wollte, um alle zu besteuern und viele von ihnen in seine Legionen aufzunehmen. Es schien wirklich als könnte er die Welt in Bewegung setzen.

Auch heute noch gibt es in Europa (und nicht nur) Dekrete, Verordnungen und Entschließungen für die vielen, zu vielen Menschen, die vor Krieg und Armut fliehen müssen. Man muss sie aufhalten, ihren Zustrom verlangsamen und steuern... Und man geht so weit, die Willkommenskultur als „subversiven Akt“ zu bezeichnen.

Angesichts von so viel Gewalt fragen wir uns nach dem Sinn des Lebens und nach dem Grund für so viel Leid. Wir fühlen uns erdrückt von Gefühlen der Hilflosigkeit und Wut. Dieses Weihnachtsfest lässt uns wirklich das ganze Gewicht unserer Menschlichkeit erfahren.

Doch dieses Fest offenbart uns einmal mehr den Wahnsinn der Liebe unseres Gottes: seine Entscheidung, in seinem Sohn einen Leib anzunehmen. Lassen wir uns von der Sprache eines Gottes überraschen, der durch sehr bescheidene Zeichen spricht. Wir würden erwarten, dass die von ihm versprochene Rettung mit Macht und Getöse kommt. Aber wir müssen unsere Meinung ändern und lernen, dass seine Pläne anders und von unserem Denken weit entfernt sind.

Das ist wunderbar und erfüllt uns mit Staunen. Im tiefen Schweigen der Nacht sind die menschliche und die göttliche Natur, das Sein und das Nichtsein, das Alles (das Wort Gottes) und das Nichts (unsere menschliche Wirklichkeit) in einem wunderbaren Lebensaustausch vereint. Die Geburt Jesu entzündet ein Licht in der Finsternis der Leiden dieser Welt. Es ist kein Licht, das blendet und alles durch ein Wunder löst. Es erhellt nicht den Tag, sondern dient dazu, die Umrisse des Weges zu erkennen.

Gott kommt nicht plötzlich vom Himmel herab, um die Krise zu lösen. Der christliche Glaube lebt nicht von magischen Erwartungen, sondern von einer Gegenwart, die uns auch in Krisenzeiten begleitet und Hoffnungsschimmer erweckt. Dieser Glaube wird Gebet und Ausdauer. So können wir heute die Erfahrung der Hirten von Bethlehem nachempfinden, „die Nachtwache hielten“ (vgl. Lk 2,8b): „sie sahen ein Licht“; sie hörten eine „frohe Botschaft“; sie glaubten an das verheißene Heil („euch ist der Retter geboren“ – V. 11); sie wurden die „große Furcht los“, die sie lähmte (V. 9b); sie befreiten sich von ihrer eigenen Schwäche; sie überwanden ihr Misstrauen und fanden den Mut, sich auf den Weg zu machen („Lasst uns nach Bethlehem gehen, ... um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat“ – V. 15b).

Sie eilten hin und sahen ein in der Krippe liegendes „Gotteskind“. Sie betrachteten den ewigen Sohn des Vaters, das ewige Wort, das sich klein gemacht hatte – so klein, dass es in eine Krippe passte. Und sie glaubten und kehrten in ihren Alltag zurück, aber jetzt mit ganz anderen Gefühlen, „sie rühmten Gott und priesen ihn für alles“ (V. 20a).

Niemand anderes als das fleischgewordene Wort kann auf Horizonte jenseits des Todes hinweisen. Nur das Wimmern jenes Kindes und später als Rabbi von Nazareth können seine Worte, die Leben und Hoffnung spenden, die reichlich wie guter Samen in alle Böden der Welt ausgestreut wurden, wie Fackeln die täglichen Schritte unseres irdischen Lebens erhellen.

Wenige Wochen nach dem Abschluss der ersten Sitzungsperiode der XVI. ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode – Eine synodale Kirche in Mission – können wir sagen, was Weihnachten feiern bedeutet: Jesus wieder in den Mittelpunkt zu stellen; auf die vielen Weggefährten und Mitreisenden, Laien und Ordensleute zu hören, die sich wie wir auf den Weg gemacht haben, um unserem alleinigen Meister zu folgen; die Schönheit seines Evangeliums wiederzuentdecken; in Synodalität leben zu lernen (auf pastoraler, kultureller, erzieherischer und gesellschaftspolitischer Ebene); sich ständig in den Dienst des Allgemeinwohles zu stellen, als unermüdliche Verkünder einer „frohen Heilsbotschaft“ für alle.

Dass dies der Weg ist, den wir einschlagen müssen und wollen, scheint auch das, was in unserem Institut gerade geschieht, zu bestätigen. Wir haben erst vor kurzem einige Sechsjahrespläne unserer Provinzen und Delegationen geprüft und gutgeheißen. Die Lektüre dieser von Träumen und Hoffnungen für die Zukunft ausgefüllten Seiten war für uns eine bereichernde Erfahrung. Wir betreten Gottes Weg, der uns entgegenkommt und zum „Emmanuel“ (Gott mit uns) wird, und verlassen den Weg der Verirrung, der Angst und der Vereinsamung, indem wir seinem Sohn Jesus entschlossen nachfolgen.

Wir denken in besonderer Weise an die Mitbrüder und die Bevölkerung, die in gefahrvollen Zonen leben und das Leben an vorderster Front verteidigen müssen, mit all ihrer Kraft und Intelligenz, mit all ihrer Freiheit und Leidenschaft, zu der ihre Liebe sie befähigt. Denn es ist die „Leidenschaft der Liebe“ für den anderen, die es uns ermöglicht, unsere Kurzsichtigkeit in prophetisches Schauen und unsere Entmutigung in Hoffnung zu verwandeln.

Möge uns die Weihnachtsgnade uns helfen, uns aufrichten und uns den Weg der Hoffnung zeigen.

Frohe Weihnachten!

Der Generalrat