Die Rolle des Hl. Daniel Comboni in unserer spirituellen Erfahrung

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Combonianische Spiritualität

Einführung

Wir sind eine missionarische Ordensgemeinschaft. Unser offizieller Name lautet: "Comboni Missionare vom Herzen Jesu". Die grundlegenden Elemente, die unsere geistliche Identität bilden, sind: die Mission, der Hl. Daniel Comboni und das Herz Jesu. Von diesen drei Elementen teilen wir zwei (die Mission und das Herz Jesu) mit der ganzen Kirche und mit vielen anderen Ordensgemeinschaften. Das Besondere unsererseits ist der Hl. Daniel Comboni, d.h. wie er es verstanden hat, in unserer Spiritualität auf persönliche und einzigartige Weise Mission und Herz Jesu zu verbinden.

Das, was uns als seine Erben besonders auszeichnet, ist seine missionarische Erfahrung und seine spezifische Art, die Spiritualität des Herzens Jesu in der Kirche zu leben. Die Erfahrung des Hl. Daniel Comboni ist deshalb für uns Comboni-Missionare das Kriterium der Interpretation und des Verständnisses der Mission, zu der wir berufen sind, sie in der Kirche zu verwirklichen, eine Praxis der Mission, die das Herz Jesu und das Kreuz Jesu als geistliches Fundament unsers Handelns offenbart.

Das Generalkapitel 2009 und die Nummern 19 und 21 stellen auf hervorragende Weise die inspirierenden Elemente unserer Spiritualität dar. Sie definieren die Rolle des Hl. Daniel Comboni wie folgt: "Der Geist, der in Comboni die Liebe zu den Afrikanern entfacht hat, führt uns weiterhin zu den Armen und zu den Letzten." (KD 2009, 19).

Die Liebe Combonis für die Afrikaner war nicht eine sentimentale Liebe, sondern eine Nächstenliebe (amore-agape), die vom Heiligen Geist ausging, aus dem Innersten des Herzens Jesu. Und so ergibt sich, dass Daniel Comboni als unser Gründer nicht nur den wesentlichen Teil des Charismas darstellt (Ratio 217), sondern dass uns durch ihn der Heilige Geist den besonderen Lebensstil und die Mission offenbart, die unser Institut in der Kirche auszeichnet. Deshalb ist er also der wesentliche Vermittler (Ratio 32) der Begegnung des Comboni-Missionars mit Christus. Er ist für den Comboni-Missionar der Weg zwischen der Mission und dem "Herzen–Kreuz" Christi.

Bei der Suche nach der Rolle des Hl. Daniel Comboni in unserer Spiritualität, entdecke ich zwei Elemente, die Comboni als Missionar auszeichnen und die wesentlich sein sollten für die DNA eines jeden Comboni-Missionars. Es handelt sich um das Herz als "Liebe-Hingabe" (amore -passione) und das Kreuz als "Liebe-Solidarität" (fare cosa comune) mit den Letzten.

Herz und Kreuz sind in der Spiritualität Combonis untrennbar. Diese beiden Elemente sind deshalb auch die Säulen der Spiritualität des wahren Comboni-Missionars. Ich möchte ganz einfach diese meine Überlegungen und Meditationen über diese beiden Elemente mit Euch teilen wie auch jene von anderen combonianischer Mitbrüdern.

Das Herz als Hingabe für die Letzten (amore-passione)

Die Kapitelsdokumente von 2009 sagen deutlich, dass "wir als Comboni-Missionare im Geheimnis des Herzens Jesus des Guten Hirten den Grund für unsere Ganzhingabe und für unsere Vorliebe für die Armen und Verlassenen entdecken" (KD 2009, 20).

Von Comboni haben wir dieses Geheimnis des Herzens des Guten Hirten geerbt. Wenn wir sein missionarisches Leben und seine enge Beziehung zum Herzen Jesu betrachten, können wir die konkrete Bedeutung des Herzens des guten Hirten verstehen. Jeder Comboni-Missionar interpretiert auf seine Weise dieses Geheimnis des Herzens Jesu, das ihn zur Ganzhingabe für die Ärmsten und am meisten Verlassenen motiviert. Darin gerade besteht der Reichtum unserer Spiritualität, einer lebendigen, leidenschaftlichen Spiritualität, die uns immer in Bewegung hält hin zum anderen, vor allem zu den Letzten unserer Gesellschaften.

Seit ich in Kisangani bin, arbeite ich persönlich neben der Ausbildung der Postulanten mit Ehepaaren, um die christliche Ehe zu fördern und vor allem die bereits verheirateten Eheleute zu begleiten, damit die Flamme der Liebe, die sie eint, nicht erlösche. Diese Erfahrung der Begleitung von Ehepaaren hat mich auf neue und konkrete Weise das Geheimnis des Herzens Jesu begreifen lassen. Wenn wir die Hochzeit als Betroffene feiern, wissen wir alle, dass es Sache des Herzens ist, die die Personen in Bewegung setzt hin zur Freude. Einem Ehepaar gegenüber sind wir mit einbezogen in die Festesstimmung und während des Festes sind es die Herzen die kommunizieren.

Durch diese Erfahrung der Begleitung von Ehepaaren verstehe ich, dass die Mission mit dem Geheimnis des Herzens Jesu als Spiritualität die tägliche Erfahrung der Hochzeit ist. Gott, der sich als zärtlicher, treuer, barmherziger Bräutigam durch das Herz Christi des Guten Hirten erweist, entfaltet seine Leidenschaft für die Ärmsten und am meisten Verlassenen, indem er ihnen durch das Geheimnis der armen Comboni-Missionare sagt, wer wir sind: "In meinen Augen hast du einen Wert, deshalb liebe ich Dich. Mit ewiger Liebe habe ich Dich geliebt.“

Hier ist das Geheimnis des Herzens des Guten Hirten, das Comboni bewogen hat, sich ganz den Afrikanern zu schenken. Sein einziges missionarisches Ziel bestand darin, die Hochzeit zwischen dem Gott des Jesu und den Afrikanern vorzubereiten, sie zu begleiten, indem er ihnen sagte, dass sie in den Augen Gottes wertvoll sind, während sie in den Augen der Welt nichts galten.

Wenn ich also die "Liebe–Hingabe" (amore-passione) Combonis für die Afrikaner betrachte, bis hin zu seiner feierlichen Ankündigung, dass "es mein glücklichste Tag sein wird, an dem ich mein Leben für Euch werde geben können“ (S 3159), begreife ich, warum am Anfang seiner Zeichen Jesus im Evangelium nach Johannes die Hochzeit von Kana steht.

"Am dritten Tag fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt, und die Mutter Jesu war dabei. Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen“ (Joh 2.1). Und "so tat Jesus sein erstes Wunder“ (Joh 2.11). Wenn wir das erste Wunder, das Jesus auf der Hochzeit zu Kana gewirkt hat, vorstellen, sagt uns Johannes, dass die Mission Jesu uns auf den Weg zur Hochzeit zwischen Gott und seinem Volke schickt. Und mit Comboni wurde diese Hochzeit von uns auf afrikanischem Boden gefeiert: "Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab" (Joh 3.16). Und Comboni wird sagen: "Ich habe mein Leben nur, um es dem Wohl jener Seelen zu weihen. Ich hätte gern tausend Leben, um sie für dieses Ziel einzusetzen“. (S 2271)

Die "Liebe–Hingabe" (amore-passione) Gottes für die Menschheit, die sichtbar wurde in seinem Mensch gewordenen Wort, hat sich konkretisiert in der "Liebe-Hingabe“ (amore-passione) Combonis für die Afrikaner. Und der Ort der Verwirklichung dieser "Liebe-Hingabe" Jesu liegt zu Füßen des Kalvarienberges, denn das ist dort, "wo die großen Werke Gottes entstehen und wachsen“ (S 2325).

Es ist am Fuße des Kalvarienberges, wo die Vermählung mit dem Kreuz stattfindet, an der Maria, die Mutter Jesu, Maria Magdalena, der gute Schächer, der geliebte Jünger und das ganze Volk der Leidenden teilnehmen Die Allianz, die Hochzeit findet statt zwischen dem gekreuzigten Bräutigam und den Armen. Das ist es, warum man bei Comboni das Geheimnis des Herzens Jesu nur versteht, wenn man das Kreuz betrachtet. Er lädt jeden Comboni-Missionar zu dieser Betrachtung ein und lädt ihn ein, diese wesentliche Einstellung zu erlangen. Er sagt: "Die Kandidaten eignen sich diese grundlegende Verfügbarkeit an, indem sie Jesus Christus mit liebendem Herzen stets im Blick behalten und sich bemühen, immer besser zu verstehen, was ihnen Gott sagen will, der zum Heil der Seelen selbst am Kreuz gestorben ist. Sie erneuern die Hingabe ihrer selbst, ja sogar ihres Lebens, an Gott immer wieder“ (S 2892).

Die Rolle des Heiligen Daniel Combonis in unserer Spiritualität versteht man deshalb durch dieses Herz als "Liebe-Hingabe" (amore-passione), das die bräutliche Beziehung widerspiegelt. Meine Erfahrung der Begleitung von Ehepaaren hat mir geholfen zu verstehen, dass die Mission der Comboni-Missionare in dieser Dynamik der bräutlichen Beziehung gelebt werden muss, in der der gekreuzigte Bräutigam und der Gute Hirte mit Leidenschaft und Liebe sein Herz öffnet, um in ihm seine geliebte Braut, die unendliche Schar der Leidenden, der Ärmsten und Verlassensten zu bergen.

Das Kreuz als Liebe–Gemeinsame Sache mit den Leidenden der Welt

Der Heilige Daniel Comboni hat eine Kreuzesspiritualität so tief gelebt, dass er nicht aufhört zu sagen: "Der Weg, den Gott mir vorgegeben hat, ist das Kreuz“ (S 6519). "Ich bin glücklich im Kreuz, das, wenn es aus Liebe zu Gott bereitwillig getragen wird, den Sieg und das ewige Leben bewirkt“ (S 7246). Diese Erfahrung Combonis ist für den Comboni-Missionar die einzige Quelle und die Kraft für seine Solidarität mit den unzählbaren Leidenden in unserer Welt.

Unser Mitbruder P. Justin Kakule Muvawa (kongolesischer Comboni-Missionar im Missionseinsatz in Ägypten) hat eine sehr tief schürfende Überlegung angestellt über die Interpretation unserer Gelübde aus dem Blickwinkel des Geheimnisses des Kreuzes und hat sie auf seinem Blog veröffentlicht (http://jemery.blog.fr/2011/04/18/la-croix-glorieuse-et-le-missioonaire-combonien-11022817/). Hier möchte ich seine Überlegungen mit Euch teilen, indem ich sie in meine Überlegung über die Rolle des Heiligen Daniel Comboni in unserer Spiritualität einbringe.  

Wenn man die Briefe und Schriften Combonis vertieft meditiert, kann man entdecken, dass er ausdrücklich von den evangelischen Räten in ihrer Beziehung zum Kreuz spricht. In den Regeln seines Instituts besteht er darauf (vor allem beim Gelübde des Gehorsams), sie so zu beachten, wie sie P. Marani eingeschärft hat, dass "nämlich derjenige, der auf sich selbst vertraut, in den größten Esel der Welt vertraut“ (S 6880). Diese Beziehung der evangelischen Räte zum Kreuz wird in der Spiritualität Combonis auf folgende Weise dargestellt:

  1. Der Gehorsam:

Der Gehorsam als Kreuz wird von Comboni als Verzicht und Grenze der persönlichen Initiative verstanden, "weil der Verzicht auf sich selber und seiner selbst, um sich in die Arme des Gehorsams und Gottes zu werfen, nicht ohne die außerordentliche Hilfe der Gnade erlangt werden kann“ (S 3392). In diesem Sinn kann Comboni Kreuze erflehen und darum beten lassen, dass Gott sie ihm schicke. Jeder Missionar im Missionseinsatz, der von diesem kindlichen Gehorsam aus Liebe zu Gott geprägt ist (S. 1860), arbeitet im Vertrauen auf das Wort Gottes und in jenes seiner Vertreter "als gefügiges Werkzeug seines anbetungswürdigen Willens". (S 2702).

  1. Die Keuschheit

In der Spiritualität Combonis wird die Bedeutung des Kreuzes und des Gelübdes der Keuschheit deutlich im Annehmen der Einsamkeit, die aus dem Leben in Keuschheit hervorgeht. Comboni verlangte von den Kandidaten für das Apostolat im Vikariat von Zentral Afrika eine erprobte Keuschheit (S 2229; 2484; 2776). Und das ist nur möglich mit der Gnade Gottes, die allein fähig ist, zu helfen, standhaft in der Keuschheit zu bleiben (S. 6844). In diesem Sinne muss die Idee verstanden werden, nach der es heißt: "Der Missionar, der sich für Christus entschieden hat, hält sich von allem fern, das ihn in seiner Wahl in Gefahr bringen könnte und beachtet die Regeln der Aszese, die durch die Erfahrung der Kirche erprobt sind“.

3.                 Die Armut

Die Beziehung zwischen dem Gelübde der Armut und dem Kreuz kann man leichter verstehen, indem man auf das tägliche Leben der Missionare schaut, die sich auf Comboni berufen: Leben in totaler Abhängigkeit von der Hausgemeinschaft und dem Teilen von all dem, was wir sind und haben. In diesem Sinne formt die Armut verbunden mit dem Kreuz allmählich den Missionar zu einer Kultur der Communio, die Frucht der Öffnung zur Interkulturalität ist, und zur Erziehung zum Maßhalten und einer freiwilligen Einfachheit, zur Ethik der Einschränkung. Sie ist ein sichtbares Zeichen für die Radikalität und die Ernsthaftigkeit des Evangeliums. Solidarität (fare causa comune) mit den Ärmsten und Verlassensten zu praktizieren und so mit ihnen zu leben, das bedeutet das Kreuz annehmen.

Das liegt in der Funktion dieser bevorzugten Option für die Armen. Um konkret den Bezug zwischen Kreuz und dem Gelübde der Armut zu leben, indem sie dem Gründer folgen, üben die Comboni-Schwestern und die Comboni-Missionare ihre Pastoral vorrangig in den benachteiligten Ambienten (Peripherien der Städte) aus, unter den Ärmsten und am meisten Vernachlässigten (wie z.B. die Pygmäen, die Straßenkinder, die Immigranten, die Krankenhäuser etc.). Gerade deshalb will Comboni, dass seine Missionare "entflammt von Nächstenliebe ihre Quelle in Gott und in der Liebe zu Christus haben…" (S 6656), denn der "wahre Apostel schreckt nie vor den schlimmsten Hindernissen, den gewaltigsten Widersprüchen zurück und stellt sich entschlossen den Gewitterwolken des Leids und tritt den  furchtbarsten Stürmen entgegen. Er geht den Weg des Triumphes auf dem Weg des Martyriums“ (S 6382).

Comboni liebte es, die evangelischen Räte in Beziehung zum Geheimnis des Kreuzes zu setzen. Der Brief der drei Generalleitungen der combonianischen Institute anlässlich der Heiligsprechung Combonis fasst diese Dynamik mit folgenden Worten zusammen: "Die Gelübde werden für uns zum einzigen entsprechenden Ausdruck als Antwort auf so viel Liebe. Eine persönliche, einzigartige und totale Antwort auf einen einzigartigen und totalen Ruf, also weniger Ausdruck juridischer Bindungen, Gesetze, moralischer Verpflichtungen als freudiges Bewusstsein, aus Gnade dabei sein zu dürfen, an der dynamischen Lebenskraft der Liebe des Herzens Gottes für die Welt teilzunehmen. Es müsste ein für alle Mal die Idee aufgegeben werden, dass die religiöse Weihe (Ganzhingabe) eine Minderung sei, Konflikte schaffe oder ganz einfach nur ein wirksames Instrument sei, das  zur Mission gehört. Die Weihe ist das Herz der Mission, weil gerade in der Weihe der Missionar und die Missionarin durch Gnade zum Ausdruck persönlicher Hingabe werden. Sie geschieht ganz frei, total gratis, total selbstlos. Sie ist ein dauerhaftes Geschenk, das seine Form und Sein vom Herzen Christi und vom Kreuz erhält. Es sind die tiefen Beweggründe der Person, die das Geschenk ausmachen. Deshalb ist in den drei Gelübden alles auf die Einzigartigkeit der Person zusammengefasst.“

In wenigen Worten kann man sagen, dass der Comboni-Missionar aus Erfahrung das Ärgernis des Kreuzes annimmt. Dabei weiß er, dass die Werke Gottes durch Schwierigkeiten entstehen und durch Leiden jeglicher Art gehen müssen. Indem er den gekreuzigten Herrn in das Zentrum seines Lebens stellt, akzeptiert der Comboni-Missionar mutig das Kreuz auf personaler, gemeinschaftlicher und missionarischer Ebene.

  1. Auf persönlicher Ebene

Jeder von uns hat sein persönliches Kreuz, seine eigenen psychophysischen, moralischen und spirituellen Grenzen, die ihn begleiten. Dazu gehören Krankheit und Alter, die uns daran hindern, so zu handeln, wie wir eigentlich möchten; die Sünde, die uns zum Kampf und zur ständigen Umkehr heraus fordert. Der Missionar erträgt das alles jeden Tag und verpflichtet sich, die drei Gelübde immer vollkommener zu leben.

Dem einen kostet es mehr, das Allein-Sein zu ertragen, dem anderen das Teilen der Güter. Wieder einen anderen stellt die absolute Abhängigkeit von der Hausgemeinschaft vor große Hindernisse in seinem Alltag und verleitet ihn zu einer gewissen Untätigkeit.

Jeder Comboni-Missionar stößt auf das eine oder andere dieser Kreuze und muss es allein mit Gott tragen. In all dem lernt er noch mehr sich selbst zu verleugnen aus Liebe zu Christus, um wie er zu werden und um seinem heiligen Gründer ähnlich zu werden. Für Daniel Comboni gilt tatsächlich, dass "eine so schwierige und mühevolle Mission nicht von der Patina leben und nicht von Menschen, die vor lauter Egoismus und Stolz mit einem steifen Hals herumlaufen, gelebt werden kann“ (6656).

2.    Auf Ebene der Gemeinschaft

Eine weitere Dimension ist das Kreuz der Gemeinschaft. Die Mitbrüder sind unsere Freude, bisweilen aber auch eine Belastung. Der Altersunterschied, die Verschiedenheit der sozialen Herkunft, die Nationalität und die Kultur sind zweifelsohne eine Bereicherung. Im alltäglichen Gemeinschaftsleben jedoch können diese Unterschiede wie Lanzen sein, die sich uns ins Herz bohren. Das Gemeinschaftsleben funktioniert nicht von selber. Es erfordert eine große Fähigkeit, sich anzupassen und zu teilen, einen kompromisslosen Kampf gegen Individualismus und Narzismus zu führen und eine unbegrenzte Fähigkeit zu verzeihen und das Verzeihen des anderen anzunehmen. Diese Anforderung der Liebe bleibt die conditio sine qua non, um Solidarität zu leben und die brüderliche Gemeinschaft in Freude zu erleben.

3.    Auf missionarischer Ebene

Eine letzte Dimension ist verbunden mit dem provisorischen Charakter unsres Missionar-Seins, das Comboni das "servi inutili“ - unnütze Knechte-Sein - nennt (Lk 17.10). In der Tat, unser Leben ist geprägt vom Exodus und der Kenosis. Immer bereit sein, aufzubrechen. Leiden unter der Trennung von der Familie, kann in manchen Kulturen problematisch werden, wenn die Eltern alt werden oder wenn man einziger Sohn ist.

Die Mission der Comboni-Missionare ist nicht nur ad gentes, sondern auch ad extra und ad vitam. Wie schwer fällt es doch, aus dem eigenen sozio-kulturellen und kirchlichen Ambiente auszuziehen, um sich in einem unbekannten Land niederzulassen, in dem nach Johannes Paul II. "eine radikale Umkehr der Geisteshaltung notwendig ist", (Redemptoris Missio, Nr. 49) und "in dem man die begrenzenden Prägungen der eigenen Herkunft überwinden muss“ (ibidem. Nr. 53).

Ist das Hinausgehen (exodus) nicht vielleicht immer ein Kreuz? Das war so für die Israeliten, die aus der Sklaverei in die Freiheit zogen. Sind nicht viele Missionare in Versuchung geraten, sich nach den Fischen, den Zwiebeln oder den Weinen ihres Landes zurückzusehnen? In der gleichen Perspektive muss man oft die anderswo gemachte Erfahrung vergessen und wie ein Kind werden, das stammelt, um eine von der Muttersprache verschiedene Sprache zu lernen.

In den Ortskirchen müssen wir uns den lokalen Behörden unterstellen, die vielleicht in unserem spezifischen Arbeitsbereich weniger wissen als wir“ (F. Pierli, "Come eredi")! Ohne wirkliche Liebe, ohne das Kreuz anzunehmen wie der Menschensohn, scheint diese Kenosis unmöglich. Angesichts all dessen, können wir davon ausgehen, dass das combonianische Verständnis des Kreuzes noch einen langen Weg vor sich hat. Dabei werden verschiedene Versuche gemacht werden und manche Ängste und Zweifel werden fallen.

Unsere Spiritualität vom Herzen Jesu und vom Kreuz bleibt eine ständige Herausforderung für uns Comboni-Missionare von heute. Wir fragen uns: Was für einen Sinn geben wir den vielen Leiden, deren erdrückende Last der größte Teil der Menschheit zu tragen hat?

Wie können wir den jungen Afrikanern, die gegenwärtig in die Gemeinschaft der Comboni-Missionare eintreten wollen, – sie verwirklichen ja damit den Wunsch Combonis Afrika durch Afrika retten – dazu führen, sich für die Spiritualität des Herzens Jesu und des Kreuzes zu interessieren?

Was können wir tun, dass die jungen Leute, die bereit sind, Comboni Missionare zu werden, auch das Kreuz annehmen und Zeugnis für die Liebe Christ für seinen Leib, der die Kirche ist, ablegen und das vor allem für die Ärmsten und am meisten Vernachlässigten? Hier liegt das ganze Problem der Aktualität des combonianischen Verständnisses des Kreuzes und des Guten Hirten.

Zusammenfassung

Zusammenfassend sagen wir mit dem Apostel Paulus, dass die Sprache des Herzens und des Kreuzes immer "Torheit“ ist (1 Kor 1,18), weil es die Sprache der törichten, ja der blinden Liebe ist. Nur die Einfachen, die Armen begreifen es (Ps 118; 130), weil sie sie leben. Und Comboni hat diese Sprache verstanden. Und das ist unvorstellbar und unbegreiflich ohne das Geheimnis des Herzens Jesus und des Kreuzes des guten Hirten.

Comboni hat das Evangelium des Herzens Jesu und des Kreuzes begriffen, indem er den Ort entdeckte, wo Gott sich mitteilt und sich in Jesus schenkt als ein "Ich liebe Dich mit unendlicher und ewiger Liebe“.

Das Kreuz ist der allgemeine Ort eines jeden Jüngers, um zu lieben wie Gott liebt. Und lieben wie Gott ist nicht selbstverständlich, da es auch die Sünde gibt, deren Ursprung uns so betrifft, dass unsere menschliche Liebe fast immer egoistisch und narzistisch ist. Die Liebe Gottes dagegen macht sich erfahrbar in einem Zeichen, einem Zeichen, das uns Comboni vererbt hat: Ein Herz und ein Kreuz. Comboni-Missionar zu werden, bedeutet, dieses Zeichen auf sich zu nehmen, dieses Zeichen der Zugehörigkeit zu Christus und zu Comboni.

-       Das Herz und das Kreuz, sind der Ort unserer Geburt, indem wir uns vom egoistischen Ego zum "Ti amo“ des Kreuzes und des Herzens des Guten Hirten für die Armen und die Ausgeschlossenen entwickeln.

-       Das Herz und das Kreuz sind der Ort unserer Identität mit Christus, mit Comboni, unserer österlichen Wahrheit auf unserem Weg zum Vater, damit alle Personen, zu denen er uns sendet, das ewigen Leben erhalten: "Vater ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin.“ (Joh 17.24).

-       Das Herz und das Kreuz sind diese vorbehaltlosen Zeichen der Freundschaft, der Ort unseres Eintritts in die Perspektive des Evangeliums, seine Sichtweise ist die Betrachtung der Herrlichkeit des vielgeliebten Sohnes des Vater: "Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die Du mir gegeben hast“ (Joh 17.24).

Indem wir diesem Zeichen folgen, das uns Jesus vorgibt und das in unserer Zeit von unserem heiligen Patron konkrete Formen annimmt, empfängt jeder Comboni-Missionar die Mission Gottes in die Welt, um die Hochzeit des Gekreuzigten mit den Ärmsten und am meisten Verlassenen vorzubereiten, um der unendlichen Schar der Letzen den offenen Himmel zu zeigen und das Reich Gottes zu öffnen.

So verstanden sind das Herz und das Kreuz keine abstrakten Wirklichkeiten. Es handelt sich um das Kreuz eines jeden von uns als Comboni-Missionare: Das Kreuz meines Lebens, meiner Hausgemeinschaft, meiner Mission ist jenes von Jesus, dem Gekreuzigten, dem Durchbohrten, dem leidenden Knecht. Er öffnet uns die Augen und drängt uns, auf jene unendliche Schar von jenen zuzugehen, die sich ähnlich sehen, jenen die täglich vom Siegel des Kreuzes gezeichnet sind und die darauf warten, das Herz des guten Hirten durch unsere armen Personen zu umarmen. Diese Schar sind jene Armen, Vernachlässigten, Gedemütigten, Unterdrückten, jene die Gewalt erleiden, jene ohne Dach über dem Kopf, die traumatisierten der gnadenlosen Kriege etc.

Ja, im Herzen so vieler Menschen leuchten diese Zeichen (Herz und Kreuz) der Zugehörigkeit zu Christus und Comboni in den dunkelsten unserer Nächte. Sie beleuchten unseren geringen Glauben und unsere ganze Existenz als Comboni-Missionare, wenn wir uns bereit erklären, uns zu schenken, uns zu verlieren, aus unserem Leben eine Eucharistie zu machen, indem wir uns täglich mit Leib und Seele aufopfern und unser Blut vergießen, um diese unendliche Schar der Ärmsten und am meisten Vernachlässigten auf die Weiden des guten Hirten zu führen (Ps. 23).

P. Joseph Mumbere Musanga, mccj