Freitag, 29. Januar 2021
P. Matthias kam am 21. Juli 1937 im Bergdorf St. Pankraz am Eingang des Ultentales zur Welt. Das Dorf liegt in der Nähe von Meran in der Provinz Bozen. Damals gehörte diese Gegend noch zur Diözese Trient. Als Fünftes von acht Kindern, drei Schwestern und fünf Brüdern, wuchs er auf einem kleinen Bauernhof auf. Die Eltern waren tief religiöse Menschen.

In einem seiner Tagebücher, Fotobände mit persönlichen Notizen, schreibt Matthias: „Schon als Kind von vier Jahren spürte ich Gottes Ruf in mir, wenn auch noch ganz leise. Ich muss wohl gelegentlich geäußert haben, dass ich gerne einmal Priester werden würde. An einem Sonntagnachmittag, ich kann mich noch recht gut daran erinnern, kam ein Missionar zu mir nach Hause und fragte meine Mutter, wo und wer der Bub ist, der studieren gehen, Priester werden möchte. Meine Mutter hatte schon eine Ahnung“. Sein Cousin hatte den Missionar auf diesen Buben aufmerksam gemacht. Und Matthias fährt fort: „Mein Heimatpfarrer glaubte wohl nicht, dass ich einmal Priester werden würde, dazu zeigte ich ihm anscheinend zu wenig Interesse am Religionsunterricht“.

„Am 27. April 1949, Mittwoch nach dem Weißen Sonntag, fuhr ich mit meinem Vater (das erste Mal mit dem Zug) ins Herz-Jesu-Missionshaus Milland. Dieser Tag bleibt mir bis heute noch in Erinnerung.“ Das Missionshaus Milland war nach den Weltkriegen erst 1946 als Studentenheim eröffnet worden. Die Schüler besuchten die Mittelschule und das Gymnasium im Bischöflichen Kleinen Seminar „Vinzentinum“, das von unserem Haus eine halbe Stunde entfernt war. Nach der Reifeprüfung 1957 ging Matthias ins Noviziat nach Bamberg (1957-1959), wo er auch zwei Semester Fundamentaltheologie absolvierte, und kehrte dann anschließend nach Brixen zurück zum Studium der Theologie am dortigen Priesterseminar. Am 29. Juni 1962 wurde er im Dom zu Brixen zum Priester geweiht.

Seine erste Bestimmung als junger Priester war als Präfekt im Schülerheim „Xaverianum“ in Milland. Als begabter Sänger und leidenschaftlicher Volleyballspieler fand er guten Zugang zu den Schülern. Die Begeisterung für diesen Sport wird P. Matthias bis in seine späten Jahre bewahren. Auf den kurzen Einsatz als Erzieher in Brixen folgte ein noch kürzerer Einsatz in Spanien, wo ihn ein Brief des Generaloberen erreichte mit der Bestimmung nach Peru. 

Am 21. November 1965 fuhr er auf dem Schiff von Genua nach Lima in Peru. Knapp fünf Jahre nur dauert sein Einsatz dort (1965-1970). Er war im Einsatz in Junin, einer in den Anden auf 4100 Meter gelegenen Stadt in der damaligen Prälatur (später zur Diözese erhobenen Diözese) Tarma. Hier wirkte Matthias als Religionslehrer in den Grund- und Mittelschulen und an Wochenenden in den Pfarreien in den Dörfern der weitverstreuten Pfarrei. Rückblickend schrieb P. Matthias: „Ich hielt es nicht verantwortbar, zu taufen und Sakramente zu spenden, ohne die Menschen im christlichen Glauben zu unterrichten. Diese fünf Jahre bei den Indios in Peru waren für mich eine harte Zeit. Nach dreißig Jahren denke ich noch gelegentlich zurück – eher mit wehmütigen Gefühlen.“

Von Peru kehrt P. Matthias nach Südtirol zurück, wo er von 1971 bis 1981 in der missionarischen Bewusstseinsbildung (Werk des Erlösers) und in der Berufspastoral tätig war. Er besuchte Schulen, hielt Lichtbildervorträge über seine Tätigkeit in Peru und gelegentlich auch Konferenzen zu verschiedenen Glaubensthemen.  Er begleitete die Förderinnen, mit denen er auch Pilgerfahrten unternahm. In guter Erinnerung ist die Pilgerfahrt der Missionshelferinnen nach Rom im Heiligen Jahr 1975 mit der Generalaudienz bei Papst Paul VI. Eine Methode, Inhalte anschaulich zu vermitteln, waren, wie gesagt, Slide Shows wie dann auch die Erstellung von Posters und Schaukästen durch Collage von Bildern, die er aus Zeitungen und Büchern entnahm. Die Hausgemeinschaft von Milland zählte damals an die 20 Brüder und Priester. Ein Mitbruder, der während dieser Zeit zur Hausgemeinschaft von Milland gehörte, erinnert sich daran, wie Matthias versuchte, etwas Lockerheit und Humor einzubringen. Nicht selten stichelte er andere an, allerdings nicht böswillig und aggressiv, sondern um sie herauszufordern.

Die nächsten fünf Jahre (1982-1984) setzt Matthias dieselbe Tätigkeit in der Steiermark fort (Messendorf). Von Graz aus organisierte er zweimal eine Fahrt nach Limone. Es war ihm ein Anliegen, den Leuten unseren Gründer bekannt zu machen durch einen persönlichen Kontakt mit dem Geburtsort, wo alles anfing.

1986 kehrte Matthias abermals nach Brixen zurück, wo er zunächst in der Berufspastoral an der Mittelschule tätig war. Schließlich wurde er auch beauftragt, das Heim zu leiten im Team mit anderen Kräften (darunter Franziska Hasler), aber es war nur für eine kurze Dauer, denn 1989 wurden alle Schülerheime der Deutschsprachigen Provinz der Comboni Missionare geschlossen.

In der ersten Hälfte von 1990 nahm P. Matthias am Corso di Rinnovamento in Rom teil. Wie aus seinen Notizen hervorgeht, war es für ihn eine gute Erfahrung. Die Krönung war dann der Besuch des Heiligen Landes samt dem Sinai. Von allen heiligen Stätten nahm Matthias Fotos und fügte entsprechende Angaben hinzu.

Nach diesem Erneuerungsjahr bat Matthias um die Erlaubnis, als Religionslehrer im Schuldienst der Diözese Bozen-Brixen zu wirken. Von 1990 bis 1997 war er im Einsatz an verschiedenen Mittelschulen in Bozen und Umgebung. Während dieser Jahre lebte er außerhalb der Gemeinschaft. Er fand Aufnahme bei den Benediktinern von Muri-Gries, Bozen. Der damalige Abt Dominik Löpfe erwies ihm große Gastfreundschaft. Aus seinem Fotoalbum, das er für diese Periode seines Lebens angelegt hat, geht hervor, wie sorgfältig er sich auf die Religionsstunden vorbereitete, wie ihn die Schüler schätzten und wie gut er sich mit den Lehrkräften an den Mittelschulen, wo er unterrichtete, verstand. Während dieser Zeit unternahm er zusammen mit anderen Vertretern des Lehrpersonals Studienfahrten mit den Schülern in verschiedene Länder Europas von Sizilien bis nach Dänemark und Polen.

Ab 1998 lebte Matthias dann wieder in unserer Hausgemeinschaft, und zwar in Bamberg, wo er bis 2003 in der Seelsorge im Einsatz war. Nun war er vor allem in der Erwachsenen- und Seniorenpastoral  und auch im „Klinikum“ tätig. Dazu kommentiert er: „Früher war ich der „Alte“ bei den jungen Menschen – jetzt gehöre ich zu den „jungen Alten“. Diese Tätigkeit setzte er dann für fünf Jahre in Neumarkt (2003-2008) fort. Auch dort gestaltete er wöchentlich den Schaukasten vor der großen Kapelle und half fleißig in Pfarreien aus.

Offenbar spürte Matthias nochmals den Drang, zu etwas Neuem aufzubrechen. Diesmal führt ihn der Weg nach Ursberg in der Diözese Augsburg. An die zuständigen kirchlichen Leiter schrieb er: „Ich freue mich auf meine Tätigkeit bei den Behinderten in Ursberg“. Von der Diözese war er angefragt als seelsorgliche Mithilfe im Dominikus-Ringeisen-Werk und bei den Franziskanerinnen (St Josefskongregation). Allerdings dauerte dieser Einsatz nicht lange, denn gesundheitlich angeschlagen war er gezwungen, auszusetzen und auf Kur zu gehen.

So kehrte P. Matthias Ende 2010 nach Südtirol zurück. Brieflich teilte ihm der damalige Provinzial Josef Altenburger mit: „Ich wünsche Dir weiterhin, dass Deine Gesundheit es Dir ermöglicht, kleine Dienste zu tun. Du brauchst Dir auch keinen Druck zu machen. In dieser Phase des Lebens darf man sich ausruhen. Du kannst viel für uns und unsere Aufgaben und Sorgen beten.“ Und das hat P. Matthias auch getan. Ein Meilenstein war das Goldene Priesterjubiläum, das er 2012 feierlich in seiner Heimatpfarrei St. Pankraz beging. Zu diesem Anlass schrieb ihm der Generalobere P. Enrique Sánchez González einen Dankesbrief: „Das Priestertum ist eines der größten Geschenke, das Du vom Herrn empfangen hast. Ein weiteres Geschenk ist die Gnade, dass Du all diese Zeit treu und mit Ausdauer Deinen Priesterdienst erfüllt hast.“  P. Matthias selber war dankbar für die Gnade seiner Berufung und die vielen Begegnungen, die ihm dadurch geschenkt wurden. „Dank für Begegnungen“ war ein Gebet, das er von Herzen gesprochen hat: „Danken will ich Dir, Gott, für alle guten Begegnungen meines Lebens, die Du in Deinem gnädigen Willen gefügt und auf diese Weise mich beschenkt hast.“

Ab 2015 verschlechterte sich der Gesundheitszustand von P. Matthias. Er konnte nicht mehr in die Pfarreien und war mehr und mehr an das Haus gebunden, bis er dann schließlich der totalen Pflege bedurfte. Nach Absprache mit dem Provinzial und dem Hausoberen von Ellwangen wurde er dann am 4. Mai 2018 nach Ellwangen gebracht. Dort wurde er liebevoll aufgenommen. Das lässt sich gar nicht in Worte fassen, wie viel Zuwendung und Liebe er von da an bis zu seinem Tod vor allem von Seiten des Pflegepersonals erfahren hat. Ihnen und der Hausgemeinschaft von Ellwangen kann man nur ein herzliches Vergelt’s Gott sagen.

Vor seiner Abfahrt nach Ellwangen kamen die fünf noch lebenden Geschwister nach Milland, um sich von ihrem  Bruder zu verabschieden. Mit ihnen blieb er tief verbunden. Es war sein Wunsch, im Grab seiner Eltern begraben zu werden. Einer der Geschwister schrieb: „Du warst für uns immer ein positiver Pol“ – ich möchte hinzufügen: aufgrund deiner Menschlichkeit und deines Glaubens. Matthias war ein suchender, lebensbejahender und lebhafter Mensch – bis er die letzten Jahre wie das Licht einer Kerze immer schwächer wurde und er total auf die Hilfe anderer angewiesen war. Ich bin überzeugt, dass er diesen Dienst mit Dankbarkeit angenommen hat. Auch sein Leiden und Sterben war eine Begegnung besonderer Art, eine Fügung des Schöpfers.
P. Hans Maneschg mccj