Dienstag, 24. Juni 2025
100 Jahre Missionshaus Josefinum: Vorbildlich und Grund zur Dankbarkeit ist das Wirken der Comboni-Missionare in der Diözese und in Übersee. (Im Bild: Im Jeningenheim stellte sich Bischof Dr. Klaus Krämer aktuellen Fragen zur Pastoral sowie der Bedeutung von Missions- und Ordensgemeinschaften durch Pfarrer Prof. Sven van Meegen, Missionsprokurator Pater Markus Körber und Provinzial Pater Hubert Grabmann. Foto: drs/Jerabek)
Beim Festgottesdienst in der Basilika Sankt Vitus anlässlich des 100-Jahr-Jubiläums des Missionshauses Josefinum in Ellwangen würdigte Bischof Dr. Klaus Krämer das Durchhaltevermögen der Ordensgemeinschaft in wechselvoller Geschichte und den unverändert wirksamen missionarischen Impuls, der die Kultur und Mentalität der Einheimischen wertschätzt, so dass die befreiende Botschaft Jesu Christi Menschen zusammenführt. Dass die Comboni-Missionare bis heute hier präsent sind, „das ist für uns Grund zur Dankbarkeit und Anlass zum Feiern“, sagte Krämer. Provinzial Pater Hubert Grabmann erinnerte daran, dass der deutschsprachige Zweig vor 100 Jahren in der Diözese Rottenburg-Stuttgart aufgenommen worden sei – als andere Diözesen mit der Erlaubnis zur Eröffnung eines Seminars noch gezögert hätten.
„Da hat sich Rottenburg-Stuttgart vorgewagt und uns Aufnahme geschenkt. Vielen herzlichen Dank!“ Wie eine riesengroße Familienfeier wirkte der Jubiläums-Festtag, der Mitglieder, Freunde und Förderer der Ordensgemeinschaft, ehemalige Schüler des Josefinums und die bei der Festmesse gastgebende St.-Vitus-Gemeinde zusammenführte. Die Comboni-Missionare gehörten einfach zu Ellwangen dazu, sagte Stadtpfarrer Prof. Sven van Meegen mit Blick auf deren 100-jähriges Wirken am Ort und die vollbesetzte Basilika.
Eine Botschaft der Freiheit
In seiner Predigt erinnerte Bischof Krämer an die Anfänge des Missionsordens der „Söhne des Heiligsten Herzens Jesu“ (MFSC), der bereits 1867 durch Daniel Comboni in Verona gegründet wurde. Mitte des 19. Jahrhunderts, in einer Zeit kolonialer Eroberung und nationalstaatlichen Übermuts, habe Comboni zu den Menschen gehört, die „in ihrem Gewissen spürten, dass es eine Mitverantwortung gibt für die Lebenssituation der Menschen in den Ländern, aus denen man nun viel mehr erfuhr als jemals zuvor: von der Aussetzung von Säuglingen in China oder dem Elend der Sklaverei in Afrika“. Vor allem das Schicksal der Sklaven habe Daniel Comboni zutiefst berührt. „Ihnen wollte er helfen, er wollte sie in Freiheit setzen und das nicht nur in einem äußerlichen Sinn, sondern in einer ganzheitlichen und umfassenden Dimension. Denn die christliche Botschaft ist in ihrem innersten Kern eine Botschaft der Freiheit und der Befreiung“, sagte Krämer.
Mission als Sendung der ganzen Kirche
In seiner Überzeugung, dass die Verbreitung des Glaubens „die Sendung der ganzen Kirche und eines jeden Christen“ ist, sei Daniel Comboni seiner Zeit weit voraus gewesen, erinnerte Krämer. „Daniel Comboni hat damit einen Impuls gesetzt, der in der Inlandsarbeit der Comboni-Missionare in Ellwangen und der weltkirchlichen Arbeit unserer Diözese bis heute wirksam ist.“ In seinem Wirken habe Comboni die Einheimischen von Anfang an mit einbezogen, „um von ihnen zu lernen, um die Lebenssituation, die Kultur und die Mentalität der Menschen besser kennenzulernen und zu verstehen. Nur wenn die Botschaft des Evangeliums so vermittelt wird, dass sie die Menschen als Antwort auf ihre ureigensten Fragen und Herausforderungen erkennen können, wird die befreiende Kraft dieser Botschaft wirklich erfahrbar“, sagte der Bischof.
Ermutigung für die Zukunft
Die Bereitschaft, sich andernden Zeiten und Herausforderungen zu stellen und die Frohe Botschaft Jesu Christi immer wieder neu in die jeweilige Gegenwart hinein zu übersetzen, habe die Geschichte der Comboni-Missionare in Ellwangen geprägt: Nach einer Blütezeit in den Jahren nach Ende des Zweiten Weltkriegs hätten die Ordensbrüder das Seminar aufgrund rückläufiger Berufungen 1981 geschlossen und sich wieder dem ursprünglichen Anliegen ihres Ordensgründers zugewandt – der missionarischen und weltkirchlichen Bewusstseinsbildung durch Bildungsveranstaltungen, dem Mitwirken bei den Aktionen der Hilfswerke wie dem Missio-Sonntag und durch Unterstützung der Missionsgruppen in den Gemeinden und des Eine-Welt-Ausschusses des Diözesanrats und nicht zuletzt durch die „Werkstatt solidarische Welt“ in Ellwangen. „Dieser Impuls kann auch uns in die Zukunft tragen und uns ermutigen, neue Antworten auf die Herausforderung unserer Zeit zu finden und der Zeit, die auf uns zukommt.“
Vom globalen Süden lernen
Gelegenheit zur Begegnung und zum Austausch mit dem Bischof und untereinander hatten die Festgäste nach dem von den Stiftsbläsern und fulminantem Orgelspiel begleiteten Gottesdienst im Kreuzgang und dem Innenhof, ehe sich Bischof Krämer im Jeningenheim den Fragen von Stadtpfarrer van Meegen, Provinzial Pater Hubert Grabmann und Pater Markus Körber, Missionsprokurator und Hausleiter in Ellwangen, stellte. Krämer unterstrich die Bedeutung des Wirkens von Ordensgemeinschaften und der Impulse, die von geistlichen Orten ausgehen. Mit den missionarischen Orden und dem weltweiten Netz, das diese bilden, verfüge die Diözese auch über eine Kraftquelle; das Zeugnis der Missionare bringe Lebendigkeit. Es gelte, von den Erfahrungen anderer zu lernen, denn Kirche sei eine Lerngemeinschaft. Das Modell der kleinen christlichen Gemeinschaften, das besonders im globalen Süden verbreitet ist, könne auch hierzulande inspirierend und mit Blick auf rückläufige Priesterzahlen ein Beitrag sein, um Glauben vor Ort lebendig zu erhalten, sagte Krämer.
Blütezeit, Umbruch und Verheißung
Im Hof des Missionshauses Josefinum, wo die Comboni-Missionare zum Mittagessen einluden, segnete Bischof Krämer das Gebäude und die Menschen, die darin leben und arbeiten. In einem engagierten und von persönlichen Erfahrungen geprägten Vortrag beleuchtete Pater Reinhold Baumann die verschiedenen Etappen in der Geschichte des „Missionsseminars St. Josef“, kurz „Josefinum“, in das er als elfjähriger Bub 1950 selbst eingetreten war. Das Josefinum als Schülerheim der Comboni-Missionare, das Schüler aufnahm, die das Gymnasium besuchten und Missionspriester werden wollten, erlebte in den 1950er Jahren seine Blütezeit: „Es zählte durchschnittlich 130 Schüler. Von den Schülern, die zwischen 1951 und 1961 das Seminar besuchten, wurden 55 Priester, davon 40 Comboni-Missionare, etwa die Hälfte aller Priester, die aus dem Seminar insgesamt hervorgegangen sind“, so P. Baumann, der auch im hohen Alter Provinzarchivar, „kontinente“-Redakteur, und Seelsorger ist.
Auch wenn die europäischen und auch die nordamerikanische Provinzen der Comboni-Missionare gegenwärtig fast keinen Nachwuchs mehr haben – die Combonis in Afrika hingegen sehr viel –, und auch wenn Mission heute ganz anders sei als vor 50 und vor 150 Jahren und deshalb neue Strukturen nötig mache, so gelte der Missionsauftrag Jesu: „Geht hinaus in die Welt und verkündet das Evangelium…“ fort – und auch die Verheißung Jesu an seine verunsicherten Jünger: „Seid gewiss, ich bin bei Euch alle Tage bis ans Ende der Welt“, sagte Pater Baumann.
Meine Erinnerungen an das Josefinum
Als der Pfarrer in meinem Heimatort hörte, dass ich Priester werden möchte, hat er mich nach Ellwangen ins Josefinum geschickt, wo auch sein Neffe war. Und als ich hörte, es geht in die Mission, dachte ich: umso besser, das ist gerade richtig für mich. Mit diesem Ziel war ich total integriert und habe gute Erfahrungen gemacht. Andere, die gemerkt haben, dass dies nicht ihr Weg ist, haben es vielleicht schwerer gehabt. Ich habe mir gewünscht, nach Amerika oder Afrika zu gehen – mein Traum war Südamerika –, und da bin ich dann auch hingekommen: Ich war von 1974 bis 1991 in Ecuador. (Pater Reinhold Baumann)
Eines Tages stand bei uns im Haus ein Pater aus Ellwangen und warb für das Josefinum. Das hat mich fasziniert und es war klar, dass ich einmal in die Mission gehen will. Im Lauf der Jahre hat dann aber die „katholische Erfahrung“ und das „wirkliche Leben“ für mich nicht mehr zusammenpasst und ich bin nach der 5. Klasse weggegangen. Erst viele Jahre später wuchs dann wieder der Wunsch, Kontakt mit Ellwangen zu suchen. Zu Pater Anton Schneider habe ich ein sehr gutes, tiefes Verhältnis; er hat unsere beiden Töchter getraut, unsere Enkel getauft und meine Mutter beerdigt. Mein soziales Engagement, etwa beim Aufbau der Vesperkirche in Waldstetten, im Hospiz und im Museum hat seine Wurzeln im Josefinum – und darauf bin ich stolz. (Bernd Krieger aus Waldstetten)
Als ich vom Internat in Neumarkt kam, hat Pater Josef Schmidpeter mich eingeladen, Zivildienst in Ellwangen zu machen. Meine guten Erfahrungen habe ich dann an die Jugendlichen dort weitergegeben. Ich war vor allem im Bereich von Hausaufgabenhilfe, Sport und im Bastelbereich sehr aktiv. Nach dem Studium in Stuttgart habe ich als Missionar auf Zeit die tieferen Schichten des Glaubens wahrgenommen. In Afrika habe ich die Fähigkeit der Leute gesehen, sich im Leben durchzukämpfen, und dass der Glaube vielen Leuten hilft, das Leben zu meistern. Auf diese Erfahrungen geht meine Berufung zurück. Erst mit über 30 Jahren bin ich in den Orden eingetreten. (Bruder Hans Eigner)
Es war eine wunderschöne Zeit im Josefinum, an die ich mich gern zurückerinnere und von der ich bei meiner Frau und meiner Tochter immer wieder schwärme, dass sie meine Kindheit geprägt hat. Gefallen hat mir besonders die Gemeinschaft; die Patres waren sehr fürsorglich, fast wie Eltern. Man hat zusammen Fußball gespielt und zusammen gelernt. Es waren leider nur drei Jahre - von 1978 bis 1981 -, dann wurde das Josefinum aufgelöst und ich ging ins Borromäum. (Vinzenz Krieger aus Rainau-Buch)
Pavel Jerabek
Diözese Rottenburg/Stuttgart