Freitag, 14. August 2020
Dankbar und froh blickt P. Josef (92) auf 60 Jahre des priesterlichen Diensts zurück. Dabei hat er fürwahr keine geradlinige Lebensgeschichte hinter sich. Er stammt aus Scheffau, einem kleinen Weiler bei Scheidegg / Westallgäu nahe der deutschösterreichischen Grenze. Dort wuchs er mit acht weiteren Geschwistern auf.

Mit zehn Jahren kommt er zu einer kinderlosen Bauernfamilie. Dort musste er bei den anfallenden Arbeiten mit anpacken – so wie es ein Junge seines Alters es eben konnte. Allerdings sollte es nicht bei der Arbeit auf dem Hof und im Wald bleiben. Die Mutter drängte darauf, dass ihr Sohn eine Lehre machte. Für Josef gab es zwei Möglichkeiten: Entweder er wurde Schreiner oder Bäcker. Er entschied sich für den Bäckerberuf. Dieser wurde jedoch unterbrochen, als er mit 16 bis 17 Jahren zum Militärdienst eingezogen wurde. Aufgrund seines Aussehens mit blauen Augen und blondem Haar wollte ihn die SS haben. Aber er sträubte sich innerlich dagegen und meldete sich zur Marine – er, ein Allgäuer aus den Bergen, der damals noch gar nicht schwimmen konnte. Um diese Zeit wurde eine neue Waffe entwickelt, der Ein-Mann-Torpedo. Dieser erforderte jedoch eine Ausbildung von einem Jahr. Bevor es aber wirklich ernst wurde, zerstörten britische Bomber die U-Boot-Basis. Josef Pfanner sieht es als Fügung Gottes, dass er nie einen Schuss auf einen Menschen abfeuern musste. Anschließend geriet er in britische Gefangenschaft und wurde in Nord-friesland interniert.

Nach Kriegsende wieder zuhause im Allgäu arbeitete er in seinem Beruf weiter. Während dieser Zeit wurde es dem inzwischen 22 Jahre jungen Mann klar: Sein Lebensweg führte ihn zum Priestertum. So schloss er sich den Comboni-Missionaren an, holte in Bamberg das Abitur nach und studierte dort auch den ersten Studienabschnitt des Theologiestudiums. Den zweiten Teil verbrachte er in Rom, wo er anschließend in Kirchenrecht promovierte. Es ist typisch für Pater Pfanner, wie er das Studierte anwandte und es immer noch tut: Priester haben die Aufgabe, den Menschen ihr gottgegebenes Recht zu bringen. Das war seine Überzeugung. Und wenn es bei Gesprächen um Recht geht, sieht er zuerst die betroffenen Menschen beispielsweise in Ehefragen. Seine erfrischende Einstellung blitzt bei Gesprächen immer wieder auf.

1963 kam er zu einem ersten Einsatz, der ihn nach Peru führte. Vier Jahre lang arbeitete er in der Diözese Tarma. So manches Projekt stand an. Hier wiederum war es für Pater Pfanner klar, dass nicht die Missionare die Projekte in die Hand nehmen sollten. Eher sollten die Einheimischen solches können. Daher geht es Pater Pfanner es um eine Befähigung der Menschen und deren Bildung.

Pater Josef Pfanner mit Gratulanten vor dem Josefinum in Ellwangen.

Seine Art mit Menschen umzugehen ist die eines Hörenden. So kann er auch nicht laut werden. Und man brauchte Pater Josef mit seiner gewinnenden Art – auch innerhalb der Ordensgemeinschaft: 1967 bis 1973 war er Stellvertreter des Ordensoberen und zugleich Novizen-meister. Dann wurde er mit der Ausbildung der künftigen Brudermissionare betraut. Von 1985 bis 1990 übte er den Dienst des Provinzials aus. In den folgenden Jahren leitete der Jubilar die Hausgemeinschaften in Josefstal und anschließend in Ellwangen. Sonntags war er zu Missionssonntagen in Pfarreien der Diözese Rottenburg-Stuttgart unterwegs. Im Jahr 1997 erhielt er die Versetzung nach Graz-Messendorf. Dort wirkte er als Leiter der Hausgemeinschaft und des Tagungshauses. Zugleich war er auch Pfarrer in der Stationskaplanei von Messendorf. Von 2004 an bis 2018 war er weiterhin Seelsorger in Messendorf und Autal. Danach kam er zu unseren Senioren in Ellwangen. Er ist auch im hohen Alter rüstig und bei klarem Verstand, arbeitet im Garten, geht regelmäßig schwimmen oder macht einen Spaziergang. Für ihn gilt weiterhin: „Wenn Menschen mich brauchen und wollen, bin ich gerne bereit.“
Pater Anton Schneider