Samstag, 23. Juni 2018
Die Teilnehmer an der europäischen Versammlung von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung (GPIC), die vom 18. bis 21. Juni 2018 in Milland/Brixen stattgefunden hat, wünscht allen Mitbrüdern Frieden und Wohlergehen. Beim Treffen haben wir uns Gedanken über ein europäisches Missionsprojekt auf der Grundlage von GPIC gemacht. […]

BRIEF AN DIE HAUSGEMEINSCHAFTEN

Liebe Mitbrüder,

Die Teilnehmer an der europäischen Versammlung von Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung (GPIC), die vom 18. bis 21. Juni 2018 in Milland/Brixen stattgefunden hat, wünscht allen Mitbrüdern Frieden und Wohlergehen. Beim Treffen haben wir uns Gedanken über ein europäisches Missionsprojekt auf der Grundlage von GPIC gemacht.

Wir haben uns drei Tage lang intensiv über die Europäische Union (EU) ausgetauscht, die heute ein Opfer des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit von Ungarn bis Italien wird.

Gemeinsam haben wir die EU analysiert, die heute eine der Säulen der Weltwirtschaft und des Weltfinanzsystems ist, die wenige bereichert aber viele arm macht. Deshalb muss sich dieses System bis an die Zähne bewaffnen und Kriege führen, um seine privilegierte Stellung und die Ausbeutungsmöglichkeiten zu schützen. Das Ökosystem des Planeten Erde muss die Folgen dieses Verhaltens tragen, „die bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt“ (Röm 8,22). Es ist ein System des Todes, das durch Hunger und Krieg tötet, und den Planeten zerstört. Die Folge davon ist die Migration von Millionen und Abermillionen von Menschen (es handelt sich nicht um einen Notstand, es ist Teil der Struktur des Systems), die von Europa zurückgewiesen werden, indem es unsere Grenzen in die Türkei, Libyen und Niger verlegt.

Bedauerlicherweise sind im Mittelmeer mindestens 34.361 Migranten ums Leben gekommen (deren Namen uns laut Guardian bekannt sind). Wir Missionare können das nicht hinnehmen, weil es allem widerspricht, an was wir glauben: an den Gott des Lebens, der uns Jesus geschenkt hat, damit alle „das Leben haben und das Leben in Fülle haben“, nicht nur im Himmel, sondern bereits auf dieser Erde. Deswegen sind wir Missionare gezwungen, das gegenwärtige Weltsystem anzuprangern, das von Europa verkörpert wird. Für uns ist Europa Missionsland, eine Mission, die sich ernsthaft für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung (GFBS) einsetzen muss. Auch unser Generalkapitel betont unser Mission-Sein: „Ein wichtiger Weg, unsere missionarische Präsenz neu zu qualifizieren, ist die GPIC“ (KD '15 n 45,3 und 5.). Diese Versammlung unterstreicht daher nachdrücklich, dass GPIC die Seele und das Herz unserer Mission in Europa sein muss.

Es genügt aber nicht, die herrschende Ungerechtigkeit, die enormen Militärausgaben mit immer neuen Kriegen und die gewaltige ökologische Krise nur anzuprangern. Wir selbst müssen uns als Gemeinschaften diesem System als Alternativen gegenüberstellen und uns einsetzen, damit solche alternative christliche Gemeinschaften entstehen.

Als Europäische Versammlung möchten wir die Comboni-Gemeinschaften in Europa bitten,

a) Gemeinschaften zu sein, die einfach, arm, nüchtern und nahe bei den Verarmten leben, wie Franziskus uns bittet.

b) Gemeinschaften zu sein, die bereit sind, das Finanzgebaren und die Banken, in denen wir unser Geld anlegen, zu überprüfen, (wir dürfen nicht unsere Einlagen in Banken haben, die das Waffengeschäft unterstützen oder sich an der Finanzspekulation beteiligen oder ihre Gewinne in Steueroasen horten).

c) Gemeinschaften zu sein, die sich gegen die Rüstungsausgaben und die Kriege aussprechen und sich für eine Kultur der aktiven Gewaltlosigkeit einsetzen.

d) Gemeinschaften zu sein, die „Laudato si“ umzusetzen, um den Planeten Erde zu retten, und sich alle Empfehlungen von Papst Franziskus zu Eigen machen.

e) Gemeinschaften zu sein, die sich besonders für die Migranten einsetzen. Diese Versammlung möchte dem Herrn danken, weil viele Gemeinschaften, besonders in Italien und Deutschland, die Tore für Migranten geöffnet haben. Sie dankt dem Herrn, dass die London Province eine Pfarrei in Roehampton (London) übernommen hat, um dort unter den Migranten zu arbeiten; dass sich die Provinz Portugal in der Pfarrei Camarate aus dem gleichen Grund engagiert. Die Versammlung ermutigt die spanische Provinz, nach dem Scheitern einer eingegliederten Gemeinschaft in Almeria, einen anderen Ort zu suchen, um das Projekt umzusetzen, auch als interprovinzielles Projekt.

f) Gemeinschaften zu sein, die mit allen anderen Missionsinstituten, die in der gleichen Region oder im gleichen Land tätig sind, zusammenarbeiten und eine Antenne errichten, um die eigenen Beiträge an das Netzwerk Afrika-Europa Glaube und Gerechtigkeit (AEFJN) in Brüssel weiterzuleiten.

g) Gemeinschaften zu sein, die mithelfen, das „Sanctuary Movement“ der USA (Kirchen und Institutionen, die sich zu Oasen der Zuflucht und des politischen Asyls für Migranten erklären, denen Abschiebung und Tod droht) in ihrem Land einzuführen, so wie es die Comboni-Gemeinschaft von Nürnberg (Deutschland) getan hat.

h) Gemeinschaften zu sein, die sich dafür einsetzen, damit die Haltung der Missionare in der öffentlichen Debatte über die Aufnahme von Migranten in Europa stärker zur Geltung kommt.

i) Gemeinschaften zu sein, die die Laien in der Missionsarbeit in Europa stärker einbinden.

j) Gemeinschaften zu sein, die imstande sind, mit den Volksbewegungen Schritt zu halten, die sich mit Themen von GFBS beschäftigen.

Wir ersuchen alle Hausgemeinschaften, die Aktion „Welcoming Europe zu unterstützen. Diese Aktion soll über eine Million Unterschriften in sieben EU Ländern sammeln und sie ins Europäische Parlament bringen, um die Solidarität zu entkriminalisieren, sichere Routen für Migranten zu schaffen und Opfer von Missbrauch zu schützen. (www.wearewelcomineurope.eu).

Für uns Missionare ist diese Zeit ein bahnbrechender Moment, ein Kairos, eine Zeit tiefgreifender Veränderungen, die Neues entstehen lässt. Verhelfen wir dem Leben zum Sieg.

Brixen, 21. Juni 2018

P. Munari Giovanni, verantwortlicher Provinzial
Br. Haspinger Bruno; Br. Soffientini Antonio; P. Akpako Théotime Parfait; P. Arlindo Ferreira Pinto; P. Clark John Robert Anthony; P. Pérez Moreno José Rafael
; P. Turyamureeba Roberto; P. Weber Franz; P. Zanotelli Alessandro; P. Zolli Fernando.