“P. Carlo hat friedlich gelebt und friedlich hat er uns verlassen als die Glocken von Verona zum Angelus läuteten“. Mit diesen Worten begann P. Aleardo De Berti die Ansprache beim Begräbnisgottesdienst.
P. Carlo wurde am 16. Dezember 1919 in Selva di Progno geboren. Er besuchte die Mittel- und Oberschule im bischöflichen Seminar von Verona. 1940 bat er um die Erlaubnis, das Seminar zu verlassen, um ins Noviziat der Comboni-Missionare in Venegono einzutreten. Nach zwei Jahren Noviziat legte er am 7. Oktober 1942 die ersten Gelübde ab und wurde am 29. Juni 1945 zum Priester geweiht. Seine philosophische und theologische Ausbildung erhielt er also während der fünf Kriegsjahre.
Nach seiner Priesterweihe wurde er im Mutterhaus von Verona, in der Kirche von S. Tomio und in der Berufepastoral für das Seminar von Padua eingesetzt. Nach einem Sprachstudium in England begann er 1947 sein langes Missionsleben mit der Feuertaufe in Khartum. Er wurde in das Comboni College versetzt, um Stenographie und europäische Geschichte zu unterrichten. Für den Unterricht in diesen Fächern war er nicht vorbereitet – „der gute P. Stellato gibt mir Stenographieunterricht“ – jedoch aus Liebe zum „blinden Gehorsam“, der damals verlangt wurde aber auch keine Wunder wirkte, nahm er die Aufgabe an. Der junge Missionar verfiel in eine schwere Krise, die er mit Hilfe eines verständnisvollen und weisen Oberen überstand.
Im Mai 1952 kam er für einen kurzen Heimaturlaub nach Italien und wurde im November nach Uganda versetzt, wo er 22 Jahre lang (1962-1974) in Ruhe auf verschiedenen Missionen in der Diözese Gulu und dann in Arua arbeiten konnte und sich zu einem guten Kenner der einheimischen Sprachen entwickelte. Seine erste Mission in der Diözese Gulu war Kalongo (1952-1955) bei dem Stamm der Acholi. Jahre später schrieb er. „Viele Kappellen in einem weiten Umkreis geben mir die Möglichkeit, mit den Besuchen in den Dörfern vertraut zu werden. Damals begann man mit dem Bau, der sich später zum berühmten Krankenhaus von Kalongo entwickelte, das alle kennen“.
Ende 1955 ging er nach Nyapea zu den Alur. Wir zitieren ihn nochmals: „Die vielen Gruppen von Katechumenen, Taufen, Erstkommunion und Eheschließungen zählen wir gar nicht mehr. Unser guter alter P. Domenico Spazian, der mit der Registrierung in den Pfarrbüchern beauftragt ist, kommt mit der Arbeit kaum noch nach“.
Ab 1957 arbeitete er fünf Jahre lang unter den Jonam der Diözese Arua in der Gegend von Pakwach am Nil, die von Stechmücken verseucht ist, so dass P. Carlo in den Lobgesang der drei Jünglinge der Sonntagslaudes den Vers einfügte: „Preist den Herrn, all ihr Stechmücken des Flusses.“
1962 kam er nach Italien für eine Ruhepause. Er half in der Kirche von S. Tomio und einige Monate in Carraia aus.
1963 ist er wieder in Uganda und zwar in Warr. 1964 arbeitet er in Paidha, einer erst eröffneten Mission, wo „die Christen mit Begeisterung„ den Missionaren folgen. Inzwischen war im benachbarten Kongo der Bürgerkrieg ausgebrochen, der auch das Gebiet von West Nile in Mitleidenschaft zog und vom Südsudan wurden alle Comboni-Missionare ausgewiesen. Damals schrieb P. Carlo an den Generalobern P. Gaetano Briani und drückte ihm seine Teilnahme aus und seinen Schmerz über die Prüfungen, die die Mitbrüder über sich ergehen lassen mussten. Am 15. Jänner 1967 wurden fünf Mitbrüder aus der Diözese Arua ausgewiesen und fünf aus der Diözese Gulu. P. Carlo musste die Pfarrei Nyapea übernehmen, um die Lücke zu füllen. Er arbeitete auch in den Pfarreien von Orussi und Arua-Ediofe.
Seine Missionsarbeit hat P. Carlo immer mit großer Demut und Zuverlässigkeit verrichtet. In seiner Personalmappe finden sich wenige Notizen. Auch während der vielen Jahre, die er in Verona verbrachte, hat er kaum von seinen Jahren in Uganda erzählt. Wir können noch erwähnen, dass er auf Wunsch des Bischofs am Ufer des Viktoriasees eine Kappelle für die Fischer zu bauen versuchte, für die in pastoraler Hinsicht wenig getan wurde.
Mit den Mitbrüdern der Mission hat P. Carlo immer herzliche Beziehungen gepflegt und seine „Spritzigkeit“ und ansteckender Frohsinn sind sprichwörtlich geworden.
1975 kehrte er endgültig nach Italien zurück und wirkte bis 2003 als Beichtvater in der Rettoria di S. Tomio, Verona. P. De Berti hat diese Periode während des Sterbegottesdienstes mit folgenden Worten beschrieben: „27 Jahre lang war er unermüdlicher Beichtvater von Laien, Priestern und Ordensleuten. Fast 50% seines ‚aktiven’ Priester- und Missionslebens hat er ausschließlich im Beichtstuhl verbracht. Wer an seiner Seite gelebt und den gleichen Priesterdienst ausgeübt hat, darf diese vielleicht etwas anmaßenden Worte auch an P. Carlo anwenden: Wenn Christus vor den Menschen bekennen Martyrium bedeutet, dann bedeutet Männer und Frauen vor dem Herrn beichten auch Martyrium“.
In Verona war P. Carlo bekannt als einer, der zuhören kann, bis zum Heroismus, geduldig ist, klug im Discernimento, voll Verständnis für komplexe geistliche Probleme, sicher im Urteil und bei Entscheidungen und entschieden bei der geistlichen Begleitung. Zu seinen Beichtkindern zählten wichtige zivile und kirchliche Persönlichkeiten.
In der Gemeinschaft zeigte er stets guten Humor, konnte bestens Geschichten erzählen (wahre, erfundene oder übertriebene), um die kleine Gemeinschaft zu erheitern. Er sprach gerne von seinem Heimatort Selva di Progno, von seinem Tal und seinen Bewohnern den Zimbern. Er freute sich, wenn wir fröhlich waren. In seiner Gegenwart gab es oft großes Gelächter. War er beim Essen nicht dabei, dann herrschte monastisches Stillschweigen. Die Jahre von 2003-2011 verbrachte er im Krankenzentrum des Mutterhauses. Die Krankheit und das Alter erforderten von ihm eine andere Art Missionsleben.
Im Krankenzentrum hat P. Carlo mehr innerlich als physisch gelitten. Sein eigener Zustand und die Leiden der anderen Mitbrüder erzeugten in ihm oft starke, unkontrollierbare Emotionen. Langsam aber passte er sich an, nahm das Kreuz an, fand sich mit dem Willen Gottes ab, verlor aber seinen Schwung und seinen früheren Humor. Er liebte die Einsamkeit, das Stillschweigen und betete in Erwartung der sich nahenden Auflösung.
Ich möchte noch unsere letzte Begegnung erwähnen, am 17. September 2011. P. Carlo hat mir mit klaren Worten zugeflüstert: „Ich bin P. Carlo Cappelletti“. Wir haben uns mit einem langen Lächeln angeschaut. Es war der Abschiedsgruss. Ich habe jene Geste, wie nie zuvor, als eine humoristische aufgefasst.