P. Giuseppe stammte aus Pontecchio Polesine (Rovigo) und erblickte am 23. Februar 1924 das Licht der Welt. Er besuchte das Diözesanseminar von Rovigo. Als Ober-schüler schloss er sich den Comboni Missionaren an. Sein Noviziat machte er in Florenz und legte dort auch am 7. Oktober 1943 die ersten Gelübde ab. In Verona und Venegono studierte er Philosophie und Theologie. Er ist “eifrig, intelligent,
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kreativ, fromm und vielversprechend”, so lautete das Urteil des Oberen. Am 11. Juni 1949 wurde er in Mailand zum Priester geweiht und gleich nach England zum Sprachstudium geschickt.
Im Januar 1951 reiste er nach Uganda aus. Anfangs unterrichtete er im Seminar von Lacor, dann wirkte er in verschiedenen Pfarreien als Pfarrer: in Kangole, Kaabong, Moroto, Naoi. Wir zitieren hier einige Sätze aus einem seiner Briefe von Angole aus dem Jahre 1961, die uns einen Einblick in sein Arbeitsfeld geben: “In Karamoja herrscht jetzt Trockenheit. Ein starker Wind fegt über uns hinweg und wirbelt Staubwolken auf, so dass sich die Sonne verdunkelt. Er gleicht einem Orkan, aber anstatt Regen fällt feiner Staub auf uns, der Kehle und Seele austrocknet. Es herrscht Hungersnot. Die Lage in den Dörfern ist besorgnis-erregend. Wir können den Leuten kaum helfen, da wir kein Geld haben.
Wir fühlen uns ohnmächtig angesichts so großen Elends. Am Weihnachtstag habe ich eine Gruppe von Karimojong getauft und ihnen die erste heilige Kommunion gespendet. Beim Beten des Agnus Dei dachte ich an die Erstkommunionfeiern in Italien, bei der alle festlich gekleidet sind. Hier jedoch waren einige ganz in schwarz gekleidet, das heißt, ohne jede Bekleidung, da sie sich nicht einmal ein Höschen kaufen konnten und meine Kasse leer war. Wir brauchen viel Geduld. Ich glaube nicht, dass sie sich gegen den Anstand versündigen, wenn sie so in die
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Kirche kommen. Die Kirche ist für alle offen und jeder kann hereinkommen wie er eben ist. Mancher Leser wird sich vielleicht skandalisieren, wenn er davon erfährt. Wenn ich daran denke, wie manche christlichen Familien Italiens mit ihren Sachen umgehen… Man könnte hier damit so viel Gutes tun und uns und unsere Schwarzen glücklich machen! Es fällt mir schwer, einen Brief zu schreiben, der in Italien vielleicht schlecht ankommt. Es kann auch sein, dass ich wegen Müdigkeit die Dinge zu realistisch sehe, was manche als Pessimismus hinstellen könnten. Das stimmt aber nicht. Pessimismus ist der größte Feind des Missionars und ich versuche, ihm nicht zu unterliegen. Aber der Hungersnot in die Augen schauen zu müssen, ist schrecklich. Unsere Katechumenen schlafen nackt auf dem Zementboden und sind mit ein bisschen Mehl und einigen Bohnen am Tag zufrieden. Die Waldmäuse sind bereits alle verzehrt worden. (Nigrizia 3/1961).
Mit Ausnahme von zwei Jahren als Hausoberer und Übersetzer in Limone hat P. Giuseppe sein ganzes Leben als Missionar in Uganda verbracht. 2005 kehrte er endgültig nach Italien zurück. Nach einem längeren Aufenthalt in der Gemeinschaft von Lucca kam er nach Mailand ins Krankenzentrum P. Ambrosoli, wo er am 4. Dezember 2015 verschied.
“Er war einer der ersten Missionare, dem ich begegnet bin, als ich als Scholastiker in Karamoja einen Missionseinsatz machte“. Mit diesen Worten beginnt Bischof Damiano Guzzetti von Moroto seinen kurzen
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Bericht. “Es war im Dezember 1986. P. Giuseppe war sehr gastfreundlich und hatte die Gabe, die Dinge nicht zu drammatisieren, obwohl die Lage in Karamoja wegen des Viehdiebstahls und der Überfälle auf den Strassen sehr angespannt und unsicher war. Er konnte nie nein sagen. Einmal beobachtete ich ihn, wie er die Schub-lade aus seinem Schreibtisch herauszog und den ganzen Inhalt vor den Augen eines Armen auf den Tisch schüttete, da dieser nicht zu betteln aufhörte. P. Giuseppe hatte ihm alles gegeben, was er hatte, und versuchte den armen Mann davon zu überzeugen. Er lebte sehr einfach und liebte das Volk. Er übersetzte die Bibel in die Sprache der Karimojong. Auch heute wird seine Übersetzung noch geschätzt und manche ziehen sie der späteren ökume-nischen Ausgabe vor. Jetzt wird sie überholt, korrigiert und neu aufgelegt.
Er war der erste, der in Karamoja ein Diözesanblatt herausgab, es jahrelang redigierte und an die Pfarreien verschickte. Er beherrschte die Sprache sehr gut und mit Hilfe seiner Etoil Yok (Unsere Stimme) konnte auch ich die gebräuchlichsten Ausdrücke für den täglichen Umgang mit den Leuten lernen. Sie sind bei der Konversation sehr wichtig, um ihre Freundschaft zu gewinnen.
In Moroto baute er eine Druckerei, richtete sie gut ein und leitete sie trotz der Schwierigkeiten, an das nötige Material heranzukommen.
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Er brachte die ersten Computer nach Moroto und konnte gut damit umgehen, obwohl er keine Kurse besucht hatte.
P. Giuseppe war vielseitig begabt. Neben seinen Drucker- und Sprachkenntnissen übte er sich auch im Schreiner-handwerk. Er stattete die Kapelle des Comboni Hauses mit einheimischem Holz aus und ließ dabei seiner Fantasie freien Lauf, so dass ihn die Mitbrüder manchmal auf den Arm nahmen. So hatte z. B. die Statue des hl. Josef chinesische, die Mutter-gottes aber typisch europäische Gesichtszüge. Beim Anblick des Gekreuzigten aus Mahagoniholz bemerkten sie: „Woher kommt denn dieser Jesus?“ Aber Spass beiseite, P. Giuseppe verbrachte viele Stunden in jener Kapelle, die er selber eingerichtet hatte. Sie wird noch immer benützt und nur kleine Änderungen mussten vorgenommen worden. Mit P. Giuseppe hat uns der letzte Pionier von Karamoja verlassen“.