P. Anthony Joseph Wolstenholme (‚Tony‘ für seine Familie) wurde am 18. März 1924 in Hawley Street Flats im Zentrum von Sheffield als Sohn von William Reginald und Elizabeth Theresa Mary, als zweites von sieben Kindern, geboren.
Nach Abschluss der Oberschule begann er bei der English Steel Corporation als Lehrling in Metallurgie zu arbeiten. 1942, als Großbritannien voll in den Zweiten Weltkrieg verwickelt war, wurde er im Alter von achtzehn Jahren zum Militärdienst eingezogen und in die Royal Navy aufgenommen. Er wurde zu einer Abhörstation auf einer dreihundert Meter hohen Klippe auf den Färöer-Inseln geschickt, um die „arktischen Konvois“ zu überwachen, die den Atlantik überquerten. Dort verbrachte er den Rest des Krieges.
Nach seiner Rückkehr vom Krieg erkrankte Anthony schwer an einer Infektion, die ausgehend von der Nase zu einer erheblichen Schwellung des Gehirns führte. Er wurde in das Royal Naval Hospital in Plymouth gebracht, wo niemand an sein Überleben glaubte. Dort hatte er offenbar seinen Familienangehörigen mitgeteilt, die er zu sich gerufen hatte, dass er Priester werden wird, sollte er vollständig genesen. Und genau das geschah. Er besuchte das Campion House Seminar für Spätberufene in Osterley (West-London), das von Jesuiten geführt wurde.
In Osterley traf Anthony zum ersten Mal die Verona Fathers (wie die Comboni-Missionare damals in England genannt wurden), da P. Filiberto Polato aus der nahe gelegenen Gemeinschaft Sunningdale regelmäßig das Campion House besuchte. Anthony drückte seinen Wunsch aus, Afrikamissionar zu werden, und bat um Aufnahme bei den Comboni-Missionaren. Im August 1949 wurde er ins Noviziat von Sunningdale aufgenommen und legte am 9. September 1951 im Alter von siebenundzwanzig Jahren seine ersten Gelübde ab. Er setzte seine philosophischen Studien in Sunningdale fort, bis er im Juli 1953 nach Venegono ins Scholastikat ging, um seine theologische Ausbildung fortzusetzen. Am 9. September 1956 legte er die ewigen Gelübde ab und wurde am 15. Juni 1957 von Kardinal Giovanni Battista Montini (später Papst und heute Heiliger) im Dom von Mailand zum Priester geweiht.
Nach der Priesterweihe half P. Anthony ein Jahr lang in Sunningdale aus, um dann in die Mission nach Norduganda auszureisen. Er begann seine Missionsarbeit in der Dompfarrei von Gulu. Nach einem Jahr wurde er nach Warr (West-Nil) versetzt. Von 1961 bis 1965 war er Lehrer im Knabenseminar in Pokea, am Stadtrand von Arua. Wegen seines schlechten Gesundheitszustandes war er 1965 gezwungen, nach England zurückzukehren. Von jener Zeit an und für den Rest seines Lebens litt P. Anthony unter „Phobien“, wahrscheinlich als Folge seiner Erfahrungen auf den Missionen in Uganda. Es war vor allem die furchtbare Angst vor Schmutz und das starke Bedürfnis, nachts immer wieder nachzuschauen, ob die Außentüren wohl abgeschlossen und die Fenster ordnungsgemäß geschlossen waren. Er ertrug diese Schwierigkeiten mit stoischem Mut, ohne Groll und ohne zu klagen, was ganz im Einklang stand mit seiner vornehmen und zuvorkommenden Natur. „Ein offensichtliches Zeichen seiner unbestrittenen Heiligkeit,“ schreibt P. Patrick Wilkinson, „P. Anthony wollte absolut nicht, dass andere durch seine Beschwerden belastet würden. Es war sein Kreuz, ein Kreuz, das er immer mit einem Lächeln auf den Lippen trug.“
Nach einem Jahr Erholung bei seiner Familie in Sheffield kehrte P. Anthony nach Sunningdale zurück, wo er, mit Ausnahme eines Jahres in Dumfries (1972-1973), die nächsten zwanzig Jahre bis Juli 1988 verbrachte. Während der ersten zehn Jahre widmete er einen Großteil seiner Zeit und Energie dem Unterricht. Er gab den jungen Postulanten/Novizen, die vom Ausland ins Noviziat von Sunningdale geschickt wurden oder den neugeweihten Mitbrüdern, die sich auf die Mission im englischsprachigen Afrika vorbereiteten, Englischunterricht. P. Anthony war schon immer ein sehr kompetenter und beliebter Lehrer gewesen.
Nach der Verlegung des Noviziats und des Englischstudiums nach Sunningdale bot sich P. Anthony an, P. Teodoro Fontanari bei der Seelsorge in unserer Herz-Jesu-Pfarrei zu helfen. Seine ruhige und bescheidene Art und seine große Aufmerksamkeit für Kranke und ältere Menschen machten ihn zu einem beliebten Seelsorger und Priester.
1988 wurde er gebeten, sich der Baillieston Road Gemeinschaft in Shettleston (Glasgow) anzuschließen und in der Missionarischen Bewusstseinsbildung mitzuhelfen, bis er 1992 mit der Gemeinschaft in das derzeitige Carmyle-Haus zog.
Wegen seiner prekären Gesundheit wurde P. Anthony Anfang 2014 in das „Nazareth House“ von Cardonald (Glasgow) gebracht, das von den Nazareth-Schwestern geführt wird. Die letzten sechs Jahre ver-brachte er im Erholungsheim „St. Joseph‘s Altersheim“ mit den Kleinen Schwestern der Armen in Robroyston (Glasgow). Hier hat sich P. Anthony leise verabschiedet, während er in seinem Zimmer in einem Sessel saß, kurz vor ein Uhr nachmittags, am 2. Mai 2020.