P. Giuseppe Detomaso (1942/2023) wurde am 31. Januar 1942 als ältester Sohn der Familie Detomaso in Pieve di Livinallongo an den Nordhängen der Marmolada, der Königin der Dolomiten, geboren. Die Berge liebte er von klein auf und bestieg viele, auch als junger Seminarist, während der Sommerferien. Seine Familie und seine Umwelt haben ihm Liebe und Achtung für die Natur mitgegeben, die er immer pflegen sollte. Selbst in Äthiopien hat er lange Spaziergänge in den Bergen des schönen Landes unternommen.
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde sein Vater zum Militärdienst nach Russland eingezogen. Seine Mutter Caterina musste sich allein um die Familie kümmern, die jahrelang in extremer Armut lebte. Erst 1948, drei Jahre nach Kriegsende, kehrte sein Vater, gesundheitlich schwer angeschlagen, nach Hause zurück. Die Familie war nun wieder beisammen und vergrößerte sich. Sein Vater aber war bis zu seinem Tod kränklich.
Nach Abschluss der Volksschule trat Giuseppe in das Comboni-Seminar in Trient ein und besuchte anschließend die Oberschule in Padua und Carraia (Lucca). 1962 trat er in das Noviziat in Gozzano ein und legte 1964 seine ersten Gelübde ab. In Verona studierte er Theologie und weihte sich am 9. September 1967 mit der ewigen Profess Gott und der Mission. Am 26. Juni 1968 wurde er zum Priester geweiht.
Er hoffte, sofort nach Afrika ausreisen zu können, wurde aber vorerst für die Missionarische Bewusstseinsbildung nach Pordenone versetzt. Er benutzte diese Zeit auch, um sich auf seinen Einsatz in Afrika vorzubereiten und besuchte einen Krankenpflegekurs. 1970 war er im Kleinen Seminar von Asti tätig.
1971 erhielt er grünes Licht, nach Äthiopien auszureisen. Vorher aber nahm er in England an einem Sprachkurs teil. Nach einem Amharisch-Kurs in Addis Abeba wurde er anfangs 1973 der Mission Dilla zugeteilt, wo er die Leitung der katholischen Schule übernahm.
1986 begann für P. Giuseppe eine Periode intensiver pastoraler Tätigkeit in verschiedenen Missionen. Öfters war er Hausoberer und / oder Pfarrer, auch Leiter von katholischen Schulen. Manchmal schien es, als hätten die Provinzoberen beschlossen, ihm stillschweigend den Auftrag zu geben, Missionen zu eröffnen, einzurichten und sie dann Mitbrüdern oder Diözesanpriestern zu übergeben. Die Liste ist lang: Hawassa, Dongora, Tullo, Arosa, Xexichcha, Daye... Nach seiner Erkrankung 2020 an Prostatakrebs hatte sich P. Giuseppe nach Hawassa zurückgezogen.
Auf seiner Datei finden sich viele Namen von Missionen und ebenso viele Daten. Es mag wie eine lange, trockene Reihe von Ortsnamen und Daten aussehen. Aber so ist es ganz und gar nicht. Darin steckt die ganze Leidenschaft von P. Giuseppe und sein unbändiger Wunsch, seinen äthiopischen Brüdern und Schwestern Christus zu verkünden und ihnen zu zeigen, was geschieht, wenn Christus zum Mittelpunkt des Lebens eines Menschen wird.
Er gründete Missionen, baute Schulen, Versammlungsräume, Kapellen, Kirchen, Krankenstationen und Dorfkliniken, Wohnungen für Missionare und Schwestern... Er brachte Lebensmittel in die von Dürre und Hunger geplagten Gebiete und pflegte Kranke. Er grub Brunnen und brachte Strom dorthin, wo es keinen gab. Er leitete Schulen, gründete christliche Gemeinden, sprach den Leuten Mut zu und taufte Tausende von Katechumenen, knüpfte Freundschaftsbande mit allen, auch mit mehreren nichtkatholischen Autoritäten... die Menschen haben ihn geliebt. Es gelang ihm, selbst unter dem marxistisch-kommunistischen Derg-Regime mit stillschweigender Zustimmung der örtlichen Behörden den Religions- und Katechismusunterricht in einer Schule mit 2.000 Schülern und Studenten fortzusetzen.
Ende 2022 bat ihn der portugiesische Mitbruder und Missionar P. José da Silva Vieira, ihm aus seinem Missionsleben zu erzählen. P. Giuseppe ließ seinen Erinnerungen und Erzählungen freien Lauf. P. José machte sich Notizen und schickte sie per E-Mail nach Rom. (Ihr könnt die „Heldentaten“ von P. Giuseppe im nächsten MCCJ-Bulletin lesen).
Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich zusehends. Er ließ sich regelmäßig vom Arzt untersuchen. Anfang Januar 2023 vertraute er der Krankenschwester an, dass sein Leben wohl bald zu Ende gehen wird: der Krebs habe sich mit zahlreichen Metastasen ausgebreitet. Er fühlte sich sehr schwach. Der Provinzobere P. Asfaha Yohannes Weldeghiorghis reiste nach Hawassa und überredete ihn, sich für weitere Untersuchungen in die Hauptstadt zu begeben. Die beiden bestiegen noch am selben Tag ein Flugzeug, aber P. Giuseppe wollte nicht direkt ins Krankenhaus. Er blieb im Provinzialat bis zur Nacht des 11. Januar, als er beim Versuch aufzustehen zu Boden stürzte. Es sei nichts Ernstes, meinte er. Er sei auch in der Morocho-Kapelle gestürzt, als er die Stufen des Presbyteriums hinunterstieg, um den Gläubigen die Kommunion zu bringen. Er wurde jedoch in das Landmark-Krankenhaus in Addis Abeba gebracht. Zwei Tage später, am 13. Januar, ist sein Herz stehen geblieben.
Am Nachmittag des 15. Januar wurde P. Giuseppe mit einem Gottesdienst in der Kathedrale von Hawassa verabschiedet. Eine große Menschenmenge hatte sich versammelt sowie fast alle Priester und Ordensleute des Vikariats.
Am 29. Januar wurde in seiner Heimatpfarrei Pieve di Livinallongo ein Requiem gehalten, dem der Dekan Andrea Costantini, ein großer Freund von P. Giuseppe, vorstand. Missio Bozen/Brixen, die P. Giuseppe oft unterstützt hatten, hat für den 12. Februar einen großen Gedenkgottesdienst für P. Giuseppe in Oies, dem Geburtsort des heiligen Josef Freinademetz (1852-1908), geplant.
Als Pater Giacomo Bellini die Nachricht vom Tod seines Mitbruders erfuhr - ein anderer großer Pionier der Comboni-Missionen in Eritrea und Äthiopien (er war dort von 1961 bis 2017 tätig und wohnt jetzt im Seniorenheim von Rebbio) - sandte er uns folgende Zeilen: „Der Tod von P. Giuseppe Detomaso hat mich sehr traurig gestimmt. Wir waren mehrere Jahre lang zusammen in den Sidamo-Missionen tätig. Ich erinnere mich an ihn als einen großzügigen, verständnisvollen und hilfsbereiten Mitbruder in schwierigen Situationen, der immer ein offenes Ohr für die Bedürfnisse seiner Mitbrüder hatte, egal ob es sich um äthiopische Mitbrüder oder um Mitbrüder anderer Nationalitäten handelte, unabhängig davon, welche Position sie in der Mission hatten. Er war wirklich gutmütig und sehr praktisch veranlagt. Ich stelle ihn mir gerne als einen Bergsteiger vor, der zuerst steile Felswände in Angriff nimmt und einen Haken nach dem anderen einschlägt, um seinen Nachfolgern den Aufstieg zu erleichtern. In dieser Vorreiterrolle ließ er sich stets von großer Gelassenheit leiten, so dass er ein ‚meisterhafter Gleichgewichtskünstler‘ wurde. Der Herr, der ihn berufen hat, wird ihm gewiss das Gute vergelten, das er zur Verbreitung des Evangeliums getan hat.“
Und der „Rekord“ von Pater Giuseppe? Im letzten Annuario Comboniano steht ein „ET“, gefolgt von der Jahreszahl (1972), und es wird ein Bindestrich (-) angehängt, der schon lange auf ein zweites Datum wartet, um den Umzug in eine neue Provinz anzuzeigen. Das hat nie stattgefunden. In diesem sehr kurzen Bindestrich, der jedoch fünfzig Jahre ohne Unterbrechung gedauert hat, liegt sein „Rekord“. Er kam 1972 in Äthiopien an und hat das Land über ein halbes Jahrhundert lang nicht verlassen, außer für seinen Heimaturlaub. Er kam eines Tages in Äthiopien an, verliebte sich sofort in „das Land“, machte es zu seiner Braut, bis er in seine neue himmlische „Heimatprovinz“ geflogen ist.